Persönlich

Mit Anfang 20 nahm ich in Berlin erstmals an einem Feldenkrais- Wochenendworkshop teil. Neben dem bleibenden Eindruck, den Ilana Benclowitz/ Israel mit ihrer lebendigen Ausstrahlung und Ihrer Präsenz bei mir hinterließen, faszinierte mich, dass mir so einfache Bewegungen ein ganz neues Körpergefühl vermitteln.

Ich folgte scheinbar willkürlich aneinandergereihten Bewegungsvorschlägen und wurde am Ende der Stunde überrascht: meine Bewegungen fühlten sich leichter, harmonischer und angenehmer als je zuvor an. Diese Momente sind bis heute magisch für mich.

Bis dahin hatte ich gelernt, kranke Glieder zu therapieren.

Als Therapeutin war ich darin geübt, nach Problemen und Fehlern zu suchen. Diese Art des Bewertens und die daraus folgenden Korrekturen orientieren sich bekanntermassen immer an Maßstäben, die von außen gesetzt sind und dem jeweiligen Zeitgeist entsprechen.

Welche Bedeutung das Selbstbild und ein höheres Mass an Selbst-Bewusstheit für den Umgang mit Beschwerden haben, blieb dabei unbeachtet.

Meine Begeisterung führte mich jedes Jahr zu weiteren Feldenkrais-Workshops. Trotz langjähriger Körperschulung konnte ich nicht erklären, was Feldenkrais ist. Ich genoss zwar die Veränderungen nach jeder Lektion, hatte aber keine Idee, wie das funktioniert.

Als ich mich dafür entschied, an der vierjährigen Feldenkrais-Ausbildung (1999-2003) bei Mark Reese in Bad Windsheim teilzunehmen, lag eine einmalige und sehr persönliche Zeit des Lernens vor mir.

Eine Woche vor dem Ausbildungsstart zog ich mir eine Verletzung meines linken Fussgelenkes zu. Ich hatte starke Schmerzen und konnte nicht ohne Unterarm-Stützen gehen. Trotzdem reiste ich zum Feldenkrais-Training und hatte dort in der zweiten Woche die Möglichkeit, eine Einzelstunde (Funktionale Integration) von Mark Reese zu bekommen. Am Ende der Stunde ging ich mit deutlich weniger Schmerzen und ohne Stützen. Diese unmittelbar erlebte Leichtigkeit blieb erhalten und kam mir damals wie ein Wunder vor.

Was ich dort lernte, wollte ich anfangs gar nicht beruflich nutzen. Ich war 28 Jahre alt und auf der Suche. Die Aussicht, bislang verborgene Fähigkeiten in mir zu entdecken, das Gehirn und seine Potentiale zu nutzen, interessierte mich. Bald wurde jedoch klar, dass der veränderte Umgang mit mir selbst, Einfluss auf meine Arbeitsweise hat. Die Praxis bot mir die grossartige Möglichkeit, meine Arbeit schrittweise meinen neuen Einsichten anzupassen.

Für mich war es ein Glück, dass ich die Feldenkrais-Methode entdeckt habe.

Jeden Tag begegne ich Menschen, die ihre Anliegen und Wünsche mit mir teilen. Ich darf sie auf einem Stück Ihres Weges begleiten. Die verschiedenen Themen machen es notwendig, den eigenen Blickwinkel stetig zu hinterfragen.

Jeder Prozess ist anders und folgt einem individuellen Rhythmus und einer individuellen Geschwindigkeit. Diese Vielfalt fordert ein hohes Maß an Kreativität und erfüllt mich jeden Tag aufs Neue.

Das Lernen zu lernen und dabei sowohl dem Körper als auch dem Gehirn zu neuen Perspektiven zu verhelfen, ist für mein Leben sehr wichtig geworden.

Die zentrale Frage bleibt dabei immer:
Wie kann ich mich bewegen/ handeln, dass es mir selbst gerecht wird und entspricht?

Nach einem Fahrradsturz und einer Steißbeinprellung vor vielen Jahren habe ich hin und wieder Schmerzen in meinem unteren Rücken. Verschiedene konservative Behandlungsversuche blieben erfolglos. Mache ich mir in diesem Moment jedoch die augenblickliche Schmerzsituation bewusst, kann ich die Bewegung etwas abwandeln und die Schmerzen verlieren an Bedeutung oder verschwinden sogar ganz. Diese Möglichkeit zur Selbsthilfe verdanke ich der Feldenkrais-Methode.

„Lernen ist gesünder als Patient zu sein, oder gar als geheilt zu werden.“
Dr. Moshè Feldenkrais

*Mark Reese (1951-2006) war Schüler und zuletzt Vertrauter von Moshè Feldenkrais. Bekannt als wortgewandter Lehrer, bildete er weltweit Lehrer aus.